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+ Christoph Kardinal Schönborn
Erzbischof von Wien (2001)

Die Katholische Kirche und die Kunst: Eine Verbindung, die Jahrhunderte hindurch viel Fruchtbares wachsen ließ, ein gegenseitiges Geben und Nehmen, das zu jenen großen Meisterwerken führte, die wir heute auf der ganzen Welt bewundern dürfen. Leider geht dieses gemeinsame Wirken zwischen Kirche und Kunst seit gut zwei Jahrhunderten immer mehr verloren, die bis dahin oft gemeinsamen Anliegen und Ziele driften auseinander, und bis heute konnte diese Trennung nicht überwunden werden. Deutlich sichtbar wird dieser schmerzhafte Prozess in den Ausdrucksformen der Moderne, der künstlerischen Avantgarde: Die neue Kunst soll eine neue Freiheit eröffnen. Dazu müssen Tabus durchbrochen, die Fesseln der Konvention abgeworfen, alle etablierten Ordnungen abgebaut werden. Daß die Katholische Kirche als göttliche Stiftung hier Vorbehalte anmelden muß, wird heute nicht gerne gehört.

 

Ich muß gestehen, daß deshalb die Entscheidung, 1 995 die Initiative IMAGO zu starten, nicht einfach war. Doch die bis dahin bereits recht stattliche Anzahl christlicher Künstler aus allen Bereichen, die sich seit geraumer Zeit in der Erzdiözese regelmäßig traf, ermutigte mich: In fast einjähriger Arbeitszeit wurde ein Programm entworfen, das, basierend auf den Aussagen der Katholischen Kirche zum Thema Kunst, als Grundlage für das weitere Vorgehen dienen sollte. Es ging vor allem darum, die eigene Wertigkeit der christlichen Kunst in besonderer Weise herauszustreichen, die die Katholische Kirche immer im Lob des Herrn gesehen hat. Und natürlich erhoffte ich mir durch diese Initiative auch einen Impuls für die wichtige Aufgabe der christlichen Kunst im Bereich der Verkündigung des Glaubens ganz im Sinne der Bestrebungen unseres Hl. Vaters zur Neuevangelisierung.

 

Die Öffentlichkeit hat auch nicht aufgehört, das Projekt mit Argusaugen zu beobachten, und das in bestimmten Punkten durchaus zur Recht: besonders was den Qualitätsanspruch betrifft, der allein dem hohen Anlaß des Themas entspricht und der allein würdig ist, kirchliche Kunst zu gestalten. Jeder, der sich ehrlich mit der christlichen Kunst auseinandersetzt, wird in aller Demut bekennen, daß hier ein Streben kein Ende findet.

 

Doch erscheint mir ein weiterer Punkt wesentlich, dem heute leider wenig Beachtung geschenkt wird: Gemäß dem Rat der großen spanischen Kirchenlehrerin, der Hl. Theresia von Avila, die nicht weit von hier gelebt und gewirkt hat, ist das Schauen der Heilsereignisse, das ständige "Voraugenhaben" Christi, ein ganz wesentlicher Punkt auf dem Weg zum Heil. Es war der Katholischen Kirche daher immer wichtig, daß Künstler, die sich mit Themen des christlichen Glaubens auseinandersetzen, auch versuchen, diese zu erfassen, selber zu leben, ja im Glauben zu schauen. Ich meine, daß nicht wenige große Werke der christlichen Kunst aus diesem Leben und Schauen der Heilsereignisse hervorgegangen sind, und deshalb berührt ihre Schönheit bis heute. Hier kann Kunst wirklich Gotteslob werden und zum Gebet führen.

 

Nach zwei Ausstellungen in Wien, der Einladung nach Rom an die Gregoriana und der weltweiten Internetschaltung des Katalogs im Vorjahr, findet nunmehr die fünfte Präsentation der Werke dieses Kunstkreises in Spanien statt. Ich freue mich aufrichtig, dieses kleine Jubiläum, das mit Sicherheit nicht vorhergesagt werden konnte, in Espartinas-Sevilla feiern zu dürfen.

 

Ich danke dem Kloster „Nuestra Senora de Loreto" für die wunderbaren Ausstellungsmöglichkeiten sowie allen Verantwortlichen, die zum Gelingen dieser Präsentation beigetragen haben. Mein Dank gilt dem Erzbischof von Sevilla, seiner Exzellenz Carlos Amigo Vallejo, den staatlichen Behörden und ganz besonders der Escuela de Imagineria und ihrem Leiter, Herrn Angel Luis Schlatter Navarro, ohne dessen unermüdlichen Einsatz für die christliche Kunst eine IMAGO 2001 in Sevilla nicht möglich gewesen wäre. Ich hoffe sehr, daß das Zusammentreffen spanischer und österreichischer Künstler anläßlich dieser Ausstellung die Wichtigkeit der christlichen Kunst im Leben der Weltkirche weiter unterstreicht.

 

Seine Eminenz +
Christoph Kardinal Schönborn
Erzbischof von Wien

 

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